Oftmals entsteht der Wunsch, sich mit der eigenen Biografie auseinanderzusetzen, erst in einer persönlichen Krise. Nicht nur, um sich gleichsam an der eigenen Identität abzustützen, sondern auch, um Kraft zu schöpfen aus der Gewissheit, ähnlich Schwieriges bereits einmal bewältigt zu haben. Daher der Begriff der “ressourcenorientierten Biografiearbeit”: In der Auseinandersetzung mit der eigenen Biografie entdeckt man neu, was in einem steckt.
Wir leben in krisenhaften Zeiten. Das Wort “Krise” bezeichnet einen Höhepunkt oder Wendepunkt in einer schwierigen oder problematischen Entwicklung. Wie die sensibelste Phase im Verlauf einer Krankheit, die über das Ob und Wie der Heilung entscheidet. Dass eine “Wende” geschafft wurde, sieht man erst im Nachhinein. In der Krise, ob persönlich oder politisch weiß man nur, dass sich dringend etwas ändern muss.
Indem man über den Verlauf und die Bewältigung früherer Krisen schreibt, gewinnt man Zuversicht für die Aufgaben dieser Gegenwart. Ob im Inneren oder im Äußeren. Persönliche Fähigkeiten und das Gefühl der Handlungsfähigkeit (“Ressourcen”) werden ver-gegenwärtigt.
Schreibidee #108: Schreibe darüber, wie du eine (innere oder äußere) Krise bewältigt hast.
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Eine Antwort zu “#108 — Eine Krise”
Schreibidee # 108:
Schreibe darüber, wie du eine (innere oder äußere) Krise bewältigt hast.
USA, 25. Mai 1979:
Ein Flugzeug der American Airlines stürzte direkt über einem Campingplatz von Chicago ab.
Nur ein geringfügiges technisches Versagen. Doch eine Katastrophe.
Alle 271 Insassen an Bord der DC-10 kamen dabei ums Leben.
Sämtliche Flugzeuge dieser Serie wurden sofort aus dem Verkehr genommen.
Eine weitere Maschine der Serie DC-10 war noch zur gleichen Zeit
in der Luft.
Sie kam aus Deutschland und landete – ohne Probleme – am gleichen Tag in New York.
Eine aufgeregte, glücklich johlende Menschenmenge empfing die Fluggäste am Flughafen.
Reporter stürzten sich gierig auf jeden einzelnen Reisenden. Auch auf mich:
„How do you feel when you survive“…“wie fühlt man sich, wenn man überlebt“…
Was für eine Frage! Ich war ahnungslos, übermüdet und nur etwas angespannt neugierig; am Beginn einer zweimonatigen Rucksackreise durch die Vereinigten Staaten.
Ehe das Abenteuer für mich begann, hatte ich mein eigenes Überleben bereits verpasst!
Um eine Lebenskrise zu bewältigen, sind oft alle persönlichen Kräfte gefordert.
Wenn ich zurückblicke auf die Jahre, die ich „danach überlebt habe“, dann kann ich erkennen, wie viele der biographischen Wendepunkte durch mein ganz eigenes Fühlen, Denken und Handeln bedingt wurden. Etwas veränderte sich; ich veränderte mich. Dann ein Höhepunkt.
Und mein Leben ging anders weiter.
Dieses Überleben am 25. Mai 1979 hat mir keine eigene Leistung abverlangt.
Ich habe nichts dazu beigetragen. Es war – so könnte man vielleicht sagen – eine Fügung.
Doch jeder neue Morgen bekam seit diesem Datum einen neuen Sinn:
Auf jede Nacht folgt ein neuer Tag. Noch bin ich zufällig Zeuge.
Später überleben andere Reisende…
Urimua