Bevor der Schweizer Psychoanalytiker Hermann Rorschach die Klecksografie zu seinem Diagnose-Instrument machte (Rorschach-Test), war sie eine beliebte literarische Fingerübung. Denn beim Schreiben unterliefen Tintenkleckse — anstatt sie zu verfluchen, konnte man sich auch gleich davon inspirieren lassen. Der Arzt und Dichter Justinus Kerner tat das gerne und prägte den Begriff der “Klecksographie”. Nach irgendwas sieht der Klecks immer aus — und wonach, das hängt vom Auge und dem Gehirn des Betrachters/der Betracherin ab.

Klecksographie von Justinus Kerner
Klecksographie von Justinus Kerner, die Zeilen lauten: “Aus Dintenfleken ganz gering\ Entstand der schöne Schmetterling.\ Zu solcher Wandlung ich empfehle\ Gott meine flekenvolle Seele.”

Anleitung:

  1. Machen Sie mit Tinte einen Klecks oder mehrere auf ein leeres Blatt Papier. (Mit einem Kolbenfüller geht das besonders elegant. Sie können aber auch einfach eine normale Tintenpatrone neben und sie über dem Blatt ausdrücken.)
  2. Falten Sie das Blatt in der Nähe des Kleckses und streichen es aus.
  3. Öffnen Sie das Blatt, verändern Sie den Klecks, wenn Sie möchten, noch mit einem geeigneten Instrument, und lassen ihn trocknen.
  4. Notieren Sie auf dem Blatt oder anderswo Ihre Gedanken zu der Klecks-Gestalt.

Schreibidee #25: Fertigen Sie eine Klecksografie an und lassen Sie sich davon zu einem kürzeren oder längeren Text inspirieren.

Hinweis 1: Auch mit Wasserfarben kann man schöne Kleckse machen. Siehe https://hirameki.de/
Hinweis 2: Sie müssen sich nicht bemühen, im Text bestimmte biografische Inhalte unterzubringen. Ihre Reaktion auf den Klecks ist, so sehen es zumindest die Psychologen nach Rorschach, selbst ein biografisches Zeugnis.
Hinweis 3: Die Assoziationen geht, wie bei Kerner, zunächst oft in die Richtung von Käfern oder anderem Getier. Lassen Sie diese beiseite und schauen Sie, was passiert, wenn Sie die Fleckenbilder genauer ansehen.

[Wie immer fände ich es toll, wenn Sie Ihren Text zu dieser Schreibidee unten in die Kommentarbox kopieren würden. Damit geben Sie zugleich Ihr Einverständnis für die Veröffentlichung auf diesen Internetseiten. Wenn Sie mir die Klecksografie selbst schicken würden, kommt sie selbstverständlich mit auf die Seite. Ich wünsche Ihnen viele Leser — und reichlich hilfreiches Feedback.]