Beim auto-biografischen Schreiben geht es auch um Selbst-Erkenntnis. Und da kein Mensch nur aus Schwächen besteht, gibt es immer Gründe, stolz auf sich zu sein. Selbst-Zufriedenheit ist ein wichtiger Baustein des Lebensglücks. Die Schweizer Psychologin Verena Kast betont, wie wichtig es ist, sich an Situationen des Lebens zu erinnern, in denen man stolz auf sich war:
Erinnern wir uns! Stellen wir uns vor, wie es damals war, als wir das erste Mal selber Rad gefahren sind: der Stolz, das Lebensgefühl, jetzt alles meistern zu können. — Für einen kurzen Moment wenigstens. (Verena Kast: Was wirklich zählt, ist das gelebte Leben. Die Kraft des Lebensrückblicks. Kreuz Verlag, Freiburg 2010, S. 9)
Beim Erzählen und Schreiben von solchen Episoden wird der ursprüngliche Stolz und die Freude wieder spürbar, was bei zukünftigen Herausforderungen helfen kann. Und das Bild vom eigenen Selbst wird gerade bei solchen Menschen vollständiger, die sonst eher zu Selbstkritik neigen.
»Eigenlob stinkt« heißt es, weil wir alle auch Zeitgenossen kennen, die gnadenlos angeben und sich selbst in den Vordergrund drängen. Eigenlob wird andererseits auch gefordert, etwa bei Bewerbungsgesprächen oder im zunehmend wichtigen »Selbst-Marketing«, dem Klopfen, das zum Handwerk gehört. In diesem Spannungsfeld ist es wichtig, das richtige Maß zu finden. Und ein realistisches Bild von den eigenen Leistungen und Fähigkeiten. Man muss ja nicht gleich damit hausieren gehen.
Schreibidee #33: Was haben Sie einmal besonders gut gemacht? Was ist Ihnen gelungen? Erzählern Sie davon und loben Sie sich dafür.
Hinweis: Tauchen Sie in die Episode ein, die Sie erlebt haben, und beschreiben Sie sie ausführlich. Genießen Sie das Gefühl des Stolzes, das Sie auf diese Weise zurück in Ihre Gegenwart holen.
[Wie immer fände ich es toll, wenn Sie Ihren Text zu dieser Schreibidee unten in die Kommentarbox kopieren würden. Wenn Sie kein öffentliches Eigenlob riskieren wollen, können Sie auch ein Pseudonym wählen. Mit der Kommentierung geben Sie zugleich Ihr Einverständnis für die Veröffentlichung auf diesen Internetseiten. Ich wünsche Ihnen viele Leser — und reichlich hilfreiches Feedback.]
Eine Antwort zu “#33 — Eigenlob stimmt”
Das hab ich mal gut gemacht
Jörg war Legastheniker, Oliver saß manchmal und schaute die ganze Unterrichtsstunde über aus dem Fenster. Nicht alle sprachen Deutsch, manche wohnte in Abrisshäusern und hatten kaum etwas anzuziehen, andere waren ‚gut bürgerlich‘. Gemeinsam trauerten wir über Koljas verstorbenen Wellensittich oder freuten uns, wenn Sabine ‚nur‘ 10 Fehler im Diktat hatte. Egal ob gute oder ‚schlechte‘ Zeugnisse – alle gehörten mit dazu, es gab keine Außenseiter, keinen Sündenbock. Lehrer haben Einfluss auf so etwas. Ich finde, das hab ich ganz gut hingekriegt.