Schon mehrere Werbekampagnen (u.a. von BMW und der Spielbank Bad Homburg) und ein Kalender bedienten sich dieser Frage — und suggerierten dem Leser damit, dass es wieder an der Zeit sei, etwas zum ersten Mal zu tun und zu erleben (nämlich das entsprechende Produkt zu kaufen). Doch warum eigentlich?
Manuela Tulle schrieb in einer meiner Veranstaltungen einen Text, der die Vielschichtigkeit des “ersten Mals” anspricht:
Im ersten Mal steckt immer etwas noch nie zuvor Dagewesenes, eine Erfahrung, die neu ist und etwas Unvorhersehbares, Überraschendes, ja auch etwas Geheimnisvolles in sich trägt.
Manuela Tulle
Eigentlich ist das ja ganz reizvoll, sogar abenteuerlich – alles ist möglich, und gleichzeitig werde ich in den Momenten, in denen ich etwas zum ersten Mal tue, daran erinnert, wie es sich anfühlt, etwas nicht zu kennen, nicht zu überschauen, keine Kontrolle darüber zu haben, was passieren wird.
Ich mag erste Male viel lieber, wenn ich mich bereits mitten in ihnen befinde.
Dann ist der Anfang gemacht und das Gefühl des Vertrautseins breitet sich in mir aus. Ein warmes, ein wohliges Gefühl, das mir das erste Mal richtig sympathisch werden lässt und ich mehr davon erleben möchte. Fremdheit ist verschwunden. Behaglichkeit zieht ein.
“Erste Male”, so versteht sie die Werbung, sind etwas Wünschenswertes. Sie vermitteln Lebendigkeit, Jugendlichkeit, Abenteuer etc. — dabei haben auch traurige oder ärgerliche Geschehnisse ihr erstes Mal (mein erster Autounfall, der erste Todesfall im Freundeskreis). Etwas zum ersten Mal zu tun verlangt Motivation und häufig Überwindung, man kann stolz auf das Geleistete sein, aber auch enttäuscht vom Ergebnis.
In jedem Fall ist das erste Mal etwa Besonderes, verglichen mit dem dritten oder fünften Mal einer Begegnung, eines Spiels oder einer bestimmten Arbeit. Und darum bleibt es auch besser im Gedächtnis. Erste Male sind Wegmarken im Leben, an denen entlang wir uns tasten, vorwärts zur nächsten Herausforderung oder zurück in der Erinnerung.
Schreibidee #54: Schreiben Sie davon, wie Sie das letzte Mal etwas zum ersten Mal getan haben.
Hinweis: Dass es nicht ein beliebiges erstes Mal, sondern das bislang letzte erste Mal sein soll, hilft dabei, genauer über die Frage nachzudenken und nicht auf biografisches “Standardmaterial” zurückzugreifen wie den ersten Kuss oder den ersten Arbeitstag.
Eine Antwort zu “#54 — Wann haben Sie das letzte Mal etwas zum ersten Mal getan?”
Wollte schon mit einer tollen Geschichte glänzen, die jetzt ein paar Wochen zurückliegt, da fällt mir ein, das war nicht das letzte Mal.
Wie war das gestern Abend. Bin bereits früher als sonst zu Hause angekommen und freute mich auf einen gemütlichen Abend. Auf der Bahnfahrt nach Hause traf ich einen guten Freund mit dem ich unsere Weiterbildungsprojekte besprach. Gute und zukunftsträchtige Projekte, die Gedanken daran hingen mir noch nach.
Hab dann in aller Ruhe ein prächtiges Abendessen gekocht, es dann mit meinem Lieblingswein aus der Toskana, den Morellino di Scansana, genossen und mich nachher auf der Coach der Lektüre hingegeben. So las ich versunken in einem Roman, als mir plötzlich durch den Kopf schoss, dass zur selben Zeit meine montägliche Feldenkrais-Stunde stattfand.
Seit sieben Jahren habe ich, soweit nicht anderweitig verhindert, keine Feldenkraisstunde ausgelassen, dieser Termin war mir heilig. Wie konnte ich nur. Dies war das allererste Mal, dass ich – ohne Grund – nicht an der Stunde teilgenommen habe.
Eine für Andere banale Geschichte, für mich ist sie alles anderes als banal.