Der Herbst symbolisiert auf eindrückliche Weise das Vergehen der Zeit. Aus der Statik des Sommers und seiner Träume wecken uns die ersten fallenden Blätter, als schlügen sie laut auf dem Boden auf. Plötzlich wird uns wieder bewusst, dass wir an ein Rad gebunden sind. Und das Rad dreht sich. Manche denken zurück, an den vergangenen Sommer und seine Weisen, manche schon wieder an den Winter, der kommen wird. So vereinigt der Herbst alle Jahreszeiten in sich, und selbst die Hoffnung auf sein Gegenteil, den Frühling.
Der Herbst provoziert zum Nachdenken — man musste sich seit je auf den Winter vorbereiten.
Um Herbst-Texte nicht zu reinen Besinnungen werden zu lassen — ob besinnlich-positiv oder rebellierend gegen das Unvermeidliche –, füge ich ein weiteres Element hinzu. Eine Begegnung findet (in der Regel) an einem konkreten Datum, einem bestimmten Ort und zu einer bestimmten Gelegenheit statt. Sie kann lange geplant sein oder überraschend, ersehnt oder gefürchtet. Begegnungen können eine Lebensphase einleiten oder sie beenden. Vielleicht leuchtet eine solche Begegnung besonders hell in Ihrer Erinnerung, koloriert in den Farben des Herbstes?
Schreibidee #56: Erzählen Sie von einer Begegnung im Herbst.
3 Antworten zu “#56 — Eine Begegnung im Herbst”
Ich wusste, dass es in diesem Herbst einige wertvolle Begegnungen geben wird, und ich musste nicht allzulange warten.
Vergangene Woche hatte ich einen Termin bei einer Weiterbildungsorganisation, es ging um die Assistenz bei einem Computer-Café für Senior*innen. Ich war pünktlich um 9.00 Uhr dort, als ich erfuhr, dass ich mich bei der Uhrzeit geirrt hätte, da das Treffen nachmittags stattfinden würde. Also ging ich in die in der Nähe sich befindende Universitätsbibliothek, um die Zeit sinnvoll zu verbringen.
Und wie ich mich da in interessantem Lesestoff vertiefte, kam eine Dozentin auf mich zu, die ich schon von früher kannte. “Komm mit,” sagte sie zu mir und brachte mich in ein Büro der Bibliotheksverwaltung, in dem sich auf mehreren Tischen eine Menge Bücher stapelten. “Die Bücher habe ich von meinem ehemaligen Professor erhalten, und ich möchte sie an meine Student*innen verteilen, such Dir was aus.” Ich stöbert mich durch diese Bücherberge und entschied mich dann für drei tolle Bücher, die wohl kaum mehr auf dem Markt zu finden sind.
Zurück auf meinem Platz in der Bibliothek, kam eine weitere Dozentin auf mich zu, die sich an meine frühere Seminartätigkeit erinnert hatte, und fragte mich, ob ich gelegentlich ein paar Unterrichtseinheiten für ihre Student*innen halten könnte. Klar kann ich, demnächst werden wir uns über die Inhalte beraten.
Schöne Begegnungen dank meines “falschen” Termineintrages. Oder war er doch richtig?
Eine Begegnung im Herbst.
Nach einigen Regentagen schaut die Sonne mal wieder um die Ecke, lockt mit ihrem goldenen Licht.
Die Trübsal wird vom frischen Wind vertrieben.
Das Herz will raus, langsam zurückblickend und doch voranschreitend das Jahr gemütlich beenden.
Während des Spaziergangs treffe ich plötzlich …
MICH.
Der Atem stockt, doch das Licht berührt mein Inneres. Samtweiche Wärme umschließt mein Herz.
Ruhe kehrt ein, Vertrauen entsteht. Alles ist möglich.
Mein Lächeln wird heller, um zu übersteh´n die dunklen Phasen. Denn das Leben verläuft in Phasen.
Die freudigen Momente geben uns die Leichtigkeit, Neues zu erschaffen und die Kraft die traurigen Täler zu durchwandern, in der trauten Erinnerung an die warmen Tage.
Mein Lächeln zieht Begegnungen an. Mein Lächeln steckt Begegnungen an.
Aus einer flüchtigen Begegnung kann Freundschaft entstehen. Oder nur ein netter Kontakt. Ganz egal — sie wird im Herzen verankert.
Eine Begegnung im Herbst beginnt mit raschelndem Laub unter meinen Fuessen und dem Geruch von Vergaenglichkeit, dem meine Schritte folgen.
Der Morgen leuchtet mit Blaettern, die zu zahllosen kleinen Sonnen werden. Golden-gelb und orange-rot als wollten sie Auf- und Untergang zugleich sein. Vollkommen, wie Schneeflocken ueben sie sich im Rieseln. Nur leise sind sie dabei nicht.
Die Aufregung des Loslassens und sich dem freien Fall überlassen, bringt die Herbstluft zum Brausen und Summen. Ausgelassen und ahnungslos flirren Blatt und Blaettchen ihrem ersten launischen Windstoß entgegen.
Natur vibriert.
Äste, Zweige und Blaetter, die noch nicht zu geerdetem Laub geworden sind, stieben und zittern durch tiefblaue Luft bis ein unsichtbarer Sog sie meinen Augen entreisst. Pixel, die durch den Herbstwind huschen und sich im Gold des Oktobers flimmernd auflösen.
Es scheint, als bewegte sich die Welt zu ihrem Urbild zurueck.
So also sieht es aus – sehen wir aus – bevor sich sämtliche Teilchen des Lebens zusammenfinden, einander berühren, halten und sich zu Materie verbinden – dem Stoff aus dem die Scheinbarkeit gemacht ist.
Eine Begegnung im Herbst – nur sichtbar, weil Atome sich treffen und fuer einen Lebensmoment zusammenhalten bis …
… bis ein launischer Windstoß eines Tages im Herbst sie zum Zittern bringt und das Bild verwackelt.
Was ist beginnt zu verschwimmen und zerfällt vor den Augen meines Selbst.