Erinnerungen und Fotografien haben viel gemeinsam. Oft erinnern wir uns an eine Art »Bild«, eine Momentaufnahme. Die mit der Zeit verblasst. Oder sich im Entwicklerbad unseres Gedächtnisses erst nach und nach zu dem ausformt, an das wir uns erinnern.

Die Dichterin und Webdesignerin Ricarda Kiel unterhält auf ihren inspirierenden Internetseiten www.ricardakiel.de die Rubrik »Nicht gemachte Bilder«. Dort finden sich literarischen Momentaufnahmen wie diese:

Ein Bild von zwei Menschen in einem parkenden Auto hinter der Windschutzscheibe. Sie legt eine Zahnbürste nach vorne auf die Ablage und er wischt sich eine Träne weg.

Ricarda Kiel: Nicht gemachte Bilder Nr. 19, www.ricardakiel.de/nicht-gemachte-bilder

Wir sind ständig von Fotografien umgeben. »Smartphones« ermöglichen uns, immer und überall zu fotografieren. Trotzdem gibt es viele entscheidende Momente in unserem Leben, von denen kein Foto existiert. Weil niemand wusste, wie sich das Leben danach entwickelte. Weil man Momente der Trauer oder Wut fast nie fotografiert. Weil kein Apparat vorhanden war oder man es schlicht vergaß.

Wie stellen wir uns diese Momente vor? Den Moment unserer Geburt? Den Moment einer Trennung (wie wir ihn im Beispiel erkennen können)? Den Augenblick einer Entscheidung oder einer so nie wieder erlebten Schönheit?

Schreibidee #59: Beschreiben Sie nicht gemachte Fotos aus Ihrem Leben.

Hinweis: Eine Möglichkeit besteht darin, die Situation zu beschreiben, in der kein Foto gemacht wurde. Interessanter (weil etwas geheimnisvoller) finde ich es jedoch, wenn Sie, wie im Beispiel von Ricarda Kiel, einfach beschrieben, was auf der Fotografie zu sehen wäre, wenn sie denn gemacht worden wäre.