Nicht allein die Namen von Menschen (siehe #91), auch Ortsnamen können magisch wirken. Sie können uns anziehen oder abstoßen, wie ein Versprechen wirken, Sehnsucht verbreiten oder Erinnerungen auslösen — ob wir den Ort, den sie bezeichnen, kennen oder nicht. Ob wir ihre verborgene Bedeutung und Geschichte verstehen oder nicht.

Die Schlager der Nachkriegszeit sind voller Ortsnamen: Capri-Fischer, Im Café de la Paix in Paris, Leise rauscht es am Missouri, Am Strande von Havanna steht ein Mädchen, Granada. Man träumte sich gerne weg aus der deutschen Wirklichkeit.

Mich faszinieren die Namen in den Songs von Bob Dylan, Lennard Cohen oder Bruce Springsteen. Sie stehen für ein bestimmtes Lebensgefühl — aber oft weiß ich gar nicht, wofür sie eigentlich stehen. Vielleicht ist es vor allem ihr Klang, vielleicht ihre vertraute Fremdheit, die mich fesseln: North Country Blues, Chelsea Hotel, Asbury Park, Atlantic City, Matamoros Banks. Menschen wie wir, an fremden Orten.

Ein Schulfreund sammelte Karten und konnte stundenlang in Atlanten »lesen«. Namen von Orten, Bergen, Flüssen auf grünem, braunen oder blauem Hintergrund.


Schreibidee #92: Schreibe über einen Ortsnamen, der dich fasziniert.


Hinweis: Du musst an diesem Ort nicht gewesen sein oder gar gewohnt haben (siehe #90), aber es schadet auch nicht. Es sollte nur nicht um den Ort selbst gehen, sondern um das Gefühl oder die Vorstellung, die sein Name in dir auslöst, und warum das vielleicht so ist.